WELCHE ROLLE SPIELT DAS WHISKY-FASS?
Rundlich knarziger Shabby Chic in dunklen Lagern meterhoch gestapelt, in welchem wertvoller Inhalt in jahrelanger Ruhe eine geheimnisvolle Wandlung erfährt. Kein Bild verdeutlicht die urige Mystik der Whiskyherstellung so wie die Zeitlosigkeit ihrer typischen Holzfässer. Ist das nur für die Marketing-Optik oder haben diese Image prägenden Behälter der Whiskyherstellung auch einen eigenen Einfluss auf den Whisky?
WIE STARK IST DER EINFLUSS?
80 - 90 % des Whisky-Geschmacks sollen nach Meinung von Herstellern und Liebhabern von der Fass-Reifung beeinflusst werden und innerhalb dieser von Temperatur, Umgebungsluft und tatsächlich dem Holzfass. Besonders Schottische Single Malt Whiskys werden durch die Einflüsse der verwendeten Fässer veredelt. Deshalb dürfen sie in aromenstarken erst- oder zweitgefüllten Fässern reifen, während Blends mit folgenden Fassbelegungen vorlieb nehmen müssen. Die aromatische Leistungsfähigkeit der Fässer nimmt mit zunehmender Verwendung und Lebensdauer ab, wobei die Fässer durchaus 50 bis 60 Jahre in Verwendungen sein können.
DIE STÄRKSTEN FÄSSER
First-Fill-Casks, also Fässer die erst einmal mit einer Spirituose belegt waren, wie Bourbon-, Sherry, Portwein, Rotwein oder Cognac, geben mehr Aromenvolumen von den noch darin angereicherten Inhaltsrückständen an den nun eingefüllten New Make ab, als vorab mehrfach belegte Fässer. Besonders bekannt sind hier die sogenannten Sherry-Bomben, die jedoch den Brennerei-Charakter dominieren, was nicht jedermanns Sache ist. Auch ein Whisky mit Charakter der Brennerei und weniger First-Fill-Aromen kann zum begehrten Genuss reifen.
WELCHE FÄSSER WERDEN AM HÄUFIGSTEN VERWENDET?
„Virgin Oak“ Fässer, also neu hergestellte, werden im Vergleich zu Bourbon-Whisky-Fässern kaum verwendet. Wenn, dann vor allem von deutschen Brennereien. Ehemalige Sherry-Fässer sind zunehmend seltener, da der Konsum von Sherry deutlich abnimmt. Deshalb steigen gleichzeitig die Preise, wodurch ein Sherry-Fass beim ungefähr 10-fachen eines Bourbon-Fasses liegt. Der Nachschub für letztere ist praktisch unbegrenzt, da die amerikanische Bourbon-Whisky-Produktion vorschreibt, jeden neuen Whisky als First Fill in ein neues Fass aus amerikanischer Weißeiche zu füllen. Die gebrauchten Fässer finden dankbare Abnehmer in Destillerien anderer Länder.
WELCHE GESCHMACKLICHEN UNTERSCHIEDE GIBT ES?
Je nach Vorbefüllung und Holzart gibt also das Fass einen Teil der in seinem Holz enthaltenen Aromen an den Whisky ab und prägt ihn dadurch geschmacklich. Holzart und Spirituosensorten haben dabei ganz unterschiedliche aromatische Auswirkungen.
Ehemalige Bourbon-Fässer geben dem Malt Whisky Vanilletöne, Fruchttöne vor allem an Apfel oder Birne erinnernd. Aus Ex-Sherry-Fässern stammen würzige Noten wie Nelke, Zimt und Dörrobst. Auch die Sherry-Sorte spielt dabei natürlich eine Rolle. Meist handelt es sich um Oloroso-Sherry aber auch süßer Pedro Ximenez, trockener Dino, Manzanilla oder Amontillado kommen zum Einsatz und prägen aromatisch unterschiedliche Whiskys. Als „Finish“, das heißt in einer kürzeren Nachreifung, kommen stets besondere Fässer zurm Einsatz, welche neben Geschmacks- auch Farbstoffe liefern und den Whisky schön dunkel färben.
Im Zusammenspiel von Holzfass, Zeit, Temperatur, Verdunstung (Angel’s Share) und Umgebungsbedingungen, wie salziger Meeresluft, reichert sich der Whisky im Fass mit einem spezifischen Aromenbouquet an, das ihn einzigartig und für den Genießer interessant macht.
